Die alte INTERFLUG im www
Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
23.09.2016


Revision 3.0
Martin Weiler Teil 4

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Lösung von persönlichen Problemen und Ing-Studium,
weitere Entwicklungsarbeiten (Zeitraum ca. 1962- 1966)

Zwischenzeitlich musste ich aber auch ein persönliches Problem lösen :

Man muss dazu wissen, dass der Flughafen zwar auf dem Territorium der DDR lag, aber der besondere Status von Berlin (Viermächte-Kontrollzone) einen Wohnaufenthalt von der Lage der Arbeitstelle und einer Aufenthalts genehmigung für Berlin, abhängig machte.
Nun war der Flughafen zwar als " Berliner "  Betrieb eingestuft, ich hatte aber in meinem Heimatort Blankenfelde (Vorort von Berlin) auf Grund von familiären Veränderungen, nur einen stark eingeschränkten Wohnraum zur Verfügung.
Eine winterfeste Laube in Berlin-Bohnsdorf war zwar schnell gefunden und samt Grundstück erworben, aber die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung für Berlin, hatte ich natürlich nicht.
So hielt ich mich eine Zeitlang illegal in Berlin auf, in der Hoffnung, dass ein Schreiben meines Betriebes beim Magistrat von Berlin, die ersehnte Genehmigung erwirken würde.

Das Gegenteil war der Fall.
Ein Mitarbeiter des Magistrats war der Meinung, dass ich keinen Wohnraum in Berlin zu beanspruchen habe und lehnte den Antrag einfach ab.
Nun habe ich nicht locker gelassen - bin mit meinem Gewerkschaftsvertrauensmann und einem erneuten Dringlichkeitsschreiben, persönlich beim  Magistrat erschienen.
Dabei hatten wir das Glück, das wir den unmittelbaren Vorgesetzten sprechen konnten, der nach der Anhörung unseres Anliegens, erst einmal seinen Untergebenen zur Ordnung rief (er fühlte sich offensichtlich übergangen ) und mir die erforderliche  Aufenthaltserlaubnis ausstellte.

Erlaubnis

Damit war für mich und für meine spätere Ehefrau dieses Problem gelöst.
Aber schon damals erkannte ich, dass man sich bei solchen Fällen, immer den gesellschaftlichen Organen (Gewerkschaft, Abgeordneten oder Partei) anvertrauen sollte, wenn scheinbar unlösbare Probleme auftreten. Das ist in der heutigen Zeit auch nicht anders, zumal diese Leute dann auch ihr persönliches Ego aufpolieren können.

Diese Erkenntnis hat mir in den späteren Jahren viele unnütze Wege erspart, ohne dass ich besonders kriecherisch war, sondern auch meine ehrliche Meinung unverblümt zum Ausdruck gebracht habe. Das hat mich auch vor der Bekleidung einer gewerkschaftlichen Funktion, bzw. dem Eintritt in eine Partei, bewahrt.

Nach Klärung dieses wichtigen Problems, konnte ich mich meinem Vorbereitungslehrgang für das Ingenieurstudium widmen - alles nach Feierabend, aber man war ja noch jung und konnte das noch ganz gut verkraften.
Von diesem Lehrgang erfuhr mein Abteilungsleiter aber erst nach dem gelungenen guten Abschluss und ihm blieb nichts weiter übrig, als meinen Antrag für die Aufnahme eines Studiums, zu befürworten.
Nun folgten 3 Jahre Fernstudium an der Ingenieurschule in MITTWEIDA, unter dem Motto " Zensur 4 halten und die 3 anstreben ".
Nach dem Abschluss des Studium im Jahr 1965 mit der Note 3, durfte ich den Titel " Ingenieur für Hochfrequenz- Feinwerktechnik " führen und wurde als
Gruppenleiter für Navigationsanlagen eingesetzt.
Damit war ich für die ILS-, VOR- und NDB-Anlagen im Verantwortungsbereich des Flughafens zuständig.
Nun musste ich aber auch den ganzen Papierkrieg bewältigen, der aus den verschiedensten Schriftstücken, den zu erstellenden Wartungstechnologien, der Material- und Ersatzteilplanung und vielem anderem mehr bestand. Eine Tätigkeit, die mir als Praktiker überhaupt nicht zusagte.

Aber es gab ja auch noch andere interessante Probleme zu lösen, auf die ich mich im Rahmen des innerbetrieblichen Neuererwesens nach Feierabend konzentrieren konnte.

Ein Teil davon war die ungenügende Qualität der Dokumentation von Radarfotos und die zeitliche Synchronisierung mit der Tonbanddokumentation.

Mit der Einführung der Radartechnik zur Flugzeugleitung, wurde das Problem der Dokumentation der Bildschirminformationen akut, zumal die Stadtgrenze von Berlin durch die 4 Besatzungsmächte kontrolliert wurde. Des Öfteren wurde dabei der Luftraum der DDR verletzt und dieses bei der 4 Mächte-Kontrollkommission in Karlshorst beanstandet. Die Radarfotos stellten dafür eine gute Beweisgrundlage dar.
Zum anderen konnten aber auch Fehler im Anflugverfahren dokumentiert und ausgewertet werden.
Für die Fernbereichsanlage (30- 250 Km) war zwar eine tschechische Kameraeinrichtung mitgeliefert worden, aber die Bildqualität und die Form der Uhrzeiteinblendung waren ungenügend für eine gute Auswertung.
Es wurde 16 mm Filmmaterial verwendet und das Zifferblatt einer  mechanischen Uhr ein gespiegelt.
Die Aufnahmezeit für ein Bild betrug 3 Minuten, d.h. für diesen Zeitraum wurde der Film dauernd mit den Bildschirminformationen belichtet und dann auf das nächste Bild weiter geschaltet.

Praktisix

Für die Dokumentation der anderen beiden Anlagen (Nahbereich bis 30 Km  und Anflugkontrolle) waren von unseren Mechanikern, halbautomatisch bedienbare Kameras vom Typ " Praktisix" installiert worden. Diese ermöglichten bedeutend bessere Fotos, hatten aber den Nachteil, dass immer nur 10 Fotos gemacht werden konnten. Danach musste ein neuer Film eingelegt werden.

OR

Die Uhrzeit-und Datum-Einblendung erfolgte ebenfalls mit selbst gebauten mechanischen Uhrwerken. Zum anderen bestand keine Synchronität zu der Uhrzeit am Arbeitsplatz, bzw. der Sprachaufzeichnung.

Hier erarbeitete ich einen Vorschlag zur Rekonstruktion der gesamten FOTO- Dokumentationseinrichtungen und der Schaffung eines einheitlichen Zeitsystems.

Zur Realisierung dieser Aufgabe wurde ich von der Tätigkeit des Gruppenleiters entbunden, was mir natürlich sehr entgegenkam, da die Leiterfunktion sowieso  nicht meinen Interessen entgegenkam.
Für Papierkrieg und Verwaltungsarbeit hatte ich wenig Verständnis, mein Nachfolger hat das dann aber zur Perfektion getrieben - schade ums Papier, das kaum ausgewertet wurde.

Zuerst begann ich mich um die einheitliche Zeitinformation zu kümmern.
Zu damaliger Zeit wurde nur  eine Digitaluhr mit Zifferanzeigeröhren  vom Werk für Fernsehelektronik in Berlin-Schöneweide als Muster angeboten (Preis ca. 6000 Mark). An die heute verwendeten Funkuhren war schon gar nicht zu denken. Bei 30 Arbeitsplätzen, die mit einer einheitlichen Zeitangabe ausgerüstet werden sollten, wären das 180.000 Mark gewesen, ohne die notwendigen Installationskosten.

Mein Lösungsvorschlag sah die Entwicklung einer Zentral-Uhr und einer neuen Steuereinrichtung für die Fotodokumentation vor.
Die Zeitinformationen sollten über ein mehradriges Kabel zu den jeweiligen Anzeigestellen, in denen nur die  notwendigen Anzeigelemente installiert sind, übertragen werden.
Diese Lösung war möglich, da erstens die Infrastruktur (Kabelwege) ausreichend vorhanden war und zweitens die Lehrwerkstatt der INTERfLUG eine Serienfertigung der Tochteranzeigen (einschl. der Materialbeschaffung) im Rahmen der Ausbildung angeboten hatte.
So griff ich als erstes auf den vorhandenen mechanischen Zeitzeichengeber zurück, erweiterte dessen Schaltung durch einen Relaisverstärker und setzte für den Steuerimpuls einen selbst  gebauten Quarzgenerator ein. Damit war die erste quarzgesteuerte " Uhrenzentrale " fertig. Diese wurde von mir später durch Entwicklung  einer vollelektronischen Zentrale ersetzt.

Durch Kooperation mit der Lehrwerkstatt der "INTERFLUG" , wurde dann die kostengünstige Fertigung von 30 Stück Tochteranzeigen realisiert.
Diese waren nur mit Ziffernanzeigeröhren, einschließlich deren Stromversorgung bestückt und wurden an allen wichtigen Flugsicherungsarbeitsplätzen, sowie der Wetterwarte und der Besatzungsinformation ( AIS ) installiert. Auch bei den Fotoeinrichtungen für die Radarbilder löste diese Anzeigeeinrichtung die mechanischen Uhren ab.

Damit wurde eine synchrone Uhrzeit an allen wichtigen Flugsicherungseinrichtungen und den Dokumentationseinrichtungen ( Foto und Sprache ) garantiert. 
Dieses System hat sich bis in die 80-Jahre bei der Auswertung von mehreren Unfällen bestens bewährt, da zu allen dokumentierten Ereignissen eine übereinstimmende und reproduzierbare Zeitinformation verfügbar war.  
Diese erste recht primitive Uhrenzentrale war jedoch nur der erste Schritt zu einem einheitlichen Zeitsystem, das später auf den Flughäfen Schönefeld, Leipzig, Dresden, Erfurt, Heringsdorf und den Außenstellen Cottbus/Neubrandenburg zum Einsatz kam.

Hierfür habe ich, es gab ja immer noch keine brauchbaren und kostengünstigen industriellen Lösungen, die Schaltkreise aus Quarzarmbanduhren des  "UHREN-KOMBINATES RUHLA", verwendet. Die Chips wurden den Uhren entnommen und mit der selbst entwickelten, notwendigen Verstärker- und Kodierelektronik, auf Leiterplatten montiert.

Uhr

Auf dieser Basis wurden dann je zwei Uhren inklusive der Zusatzeinrichtungen wie, Datumgeber, elektronischer Zeitzeichengeber (Ablösung des mechanischen Gebers durch eine Eigenentwicklung), Stromversorgung und falls erforderlich, Steuerung der Fotodokumentation, in ein Gestell eingebaut.

Diese Anlagen wurden dann in allen Flughäfen der DDR und den beiden Außenstellen (Cottbus und Neubrandenburg) installiert.
 
Dabei ergab sich auf dem Flughafen Dresden folgende Begebenheit, die ich dem Leser nicht vorenthalten möchte:
Die Sonneneinstrahlung auf dem Tower war so ungünstig, dass man die leicht rötlichen Zahlen in den Anzeigeeinrichtungen sehr schlecht erkennen konnte.
Bei einer älteren EDV-Anlage der Firma Siemens, hatte man dieses Problem mit einem feinmaschigem schwarzen Stoff gelöst, der als Filter vor den Bildschirm gespannt wurde. Aber es war bereits Feierabend und alle Geschäfte geschlossen.

Woher nehmen. Auf einmal rief mein Kollege Thomas: " ich habs!! "
Natürlich wusste keiner von uns, wie er das Zeug besorgen wollte.
Ganz einfach.

Er ging zur Rezeption unseres Hotels und sagte zu unserer Erheiterung mit toternster Miene: " wir haben einen TRAUERFALL und brauchen ganz dringend eine schwarze Strumpfhose ".

Die Hostess guckte zwar etwas irritiert, aber Thomas machte ein so trauriges Gesicht, dass sie ihren Bestand doch überprüfte. Schwarze oder dunkelbraune Strumpfhosen waren aber leider nicht dabei.

Wir haben sie dann am nächsten Tag aber im Laden bekommen - ohne " Trauerfall ".
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